Was genau mache ich eigentlich? Und mit welchem Ziel?

Klar, ich mache Horsemanship. Aber was bedeutet das für mich genau? Wie arbeite ich, worauf lege ich Wert, was versuche ich zu vermeiden? Was will ich damit erreichen? Gute Frage...

Das Pferd war früher mal ein Wildtier, mittlerweile ist es domestiziert. Der ein oder andere ist sicherlich schon zu dem Schluss gekommen, dass das Pferd den Mensch eigentlich gar nicht bräuchte - es friert nicht draußen, braucht keine "warme Mahlzeit" und will nicht tagtäglich in einer Halle im Kreis rennen.

 

Das ist unbestritten. Eigentlich würde es einem Pferd doch bestimmt viel besser gefallen, wenn es nicht domestiziert ist, oder?

 

Ja, bestimmt. Zumindest findet es das so lange toll, bis es auf die erste Autobahn rennt und vom Laster erfasst wird.

 

Heutzutage ist es in unseren besiedelten Ländern leider kaum mehr möglich, Pferde wirklich völlig sich selbst überlassen leben zu lassen.

Für Pferde ist die Domestizierung schlicht das kleinere Übel. Will man nicht, dass es kaum noch Pferde auf der Welt gibt (ich zumindest möchte diese wunderbaren Tiere nicht missen), ist Domestizierung eine relativ gute Lösung - wenn mans richtig macht. Dazu gehört für mich, dass man sein Pferd so artgerecht wie möglich hält (mindestens Offen-, besser Aktivstall), sich selbst immer weiterbildet um mit dem Pferd so natürlich und stressfrei kommunizieren zu können, wie es das mit seinen Herdengenossen tut, es gesunderhaltend zu reiten und natürlich regelmäßig Sattler, TA, Huforthopäde, Dentist und Ostheo bestellt.

 

Reiten?! Wieso reiten?! Reicht es nicht, das Pferd einfach in eine Aktivstall zu stellen und es in Ruhe zu lassen?

 

Ja, das kann man machen, wenn man meint, dass das für das Pferd nicht zu langweilig wird. Selbst die beste Haltung lastet ein Pferd nicht so aus, wie das in der freien Wildbahn der Fall wäre. Noch dazu sind unseren heutigen Reitpferderassen so hoch gezüchtet und intelligent, sodass ich es wage zu behaupten, dass sie ein gewisses Maß an geistiger und körperlicher Arbeit brauchen, um nicht zu versauern. Das ist natürlich auch noch mal von Pferd zu Pferd unterschiedlich. Aber nicht umsonst beschreiben ja viele Ausbilder gerne, wie sie erkennen, wann ein Pferd bereit zum Anarbeiten ist: es macht nur Faxen, nervt seine Herdenkollegen mit ständigen Spielattacken und kriegt seine Neugier in den 24 Stunden des Tages nicht gestillt.

 

Deshalb arbeite ich mit Pferden aller Art und jeden Alters, versuche, sie dabei als charakterliches Individuum zu betrachten und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden.

Dabei fixiere ich mich - versuche das jedenfalls - nicht auf ein bestimmtes Ausbildungssystem, weil ich der Meinung bin, dass mich das vom echten Natural Horsemanship, also die pferdische Kommunikation zu erkennen, zu verstehen und gerecht zu nutzen, abbringt. Wenn ich mir Grundsätze, Mehoden und Lehren verschiedener Meister und Systeme aneigne, will ich immer zuerst das gesamte System verstehen und nachvollziehen können, damit ich weiß, was ich da überhaupt genau übernehme.

Nobody is perfect - nicht jeder Horseman-Guru kann alles erkennen. Aber wenn man das beste aller Systeme zusammenschmeißt, und der Vorteil des einen merzt die Schwachstelle des anderen aus, ist man auf dem sichersten Weg zum akzentfreiesten "Pferdeflüsterer".

Beim Spielen versuche ich zu erreichen, dass das Pferd mir entspannt und sorgenfrei folgen kann, sodass es sich irgendwann in der Lage dazu sieht, mir vollstens zu vertrauen. Sobald es das kann, verschwinden alle "schlechten" Charakterzüge wie Aufdringlichkeit, Dominanz, Faulheit oder Angst.

Am liebsten arbeite ich mit Pferden, die eher ängstlich und hypersensibel sind. Mir wurde mal gesagt, das liege daran, dass ich immer mit dem minimalst-nötigen Druck arbeite, das Pferd sonst nicht beeinflusse und ihm so sehr klar sagen könne, wenn etwas richtig ist. Deshalb sei ich wohl sehr stressfrei und gerade für ängstliche und unsichere Pfede 'geeignet'.
Das schönste ist, wenn diese Pferde dann mutige und verspielte Spaßpferde werden. Also, Pferde, die Spaß am Zusammensein mit und Führen-Lassen vom Menschen haben.

 

Was nicht bedeutet, dass ich zagthaft bin oder wenn es nötig ist, das Machtwort nur halb herausbekomme. Ich kann durchaus sehr deutlich werden, wenn das Pferd sehr dreist fragt.

Dabei bin ich auch nicht zimperlich - man sehe sich spielende Pferde an: Die kriegen Hufe und Bisse ab, nach denen läge ich im Krankenhaus. Ich bin dafür, genauso zu kommunizieren, wie Pferde das untereinander tun - dann muss ich das auch tun, und zwar vollstens.

Alles andere wäre auch wieder unnatürlich und würde beim Pferd die Frage aufwerfen, ob ich wirklich so toll bin, wie ich tue.

 

Ich höre jetzt einfach auf - an diesem Thema könnte ich noch unendlich lange weiterschreiben - ist vielleicht auch ganz gut so, dass man diese Frage(n) sowieso nie wirklich wird klären können.

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